Borland lehrte mich, dass man Computern gegenüber Gefühle entgegenbringen kann. Frisch am Gymnasium, stolzer Besitzer eines 80286er mit sagenhafter 10MB-Festplatte (dafür Danke Papa!!!), investierte ich einen erheblichen Teils meines Taschengeldes in Turbo Pascal und einen “Turbo Tutor” (eines der Besten Lehrbücher für Programmierneulinge) von Heimsoeth & Borland. Turbo Pascal war nicht einfach irgend ein Compiler. Nein, Turbo Pascal war von Borland und Borland war gut. Philip Kahn spielte die Klaviatur des Communitybildens mindestens so gut wie Steven Jobs heute seinen Jüngern einen 10% schnelleren Prozessor als die Neuerfindung der Welt verkauft.
Ja, Borland war das Gute und war für mich der Innbegriff von Innovation und die Verkörperung einer erfolgreichen Firma: besser, schneller, billiger und das erst noch “mit Style”… spätestens Delphi war dann sowas wie eine Offenbarung… da ging es ganz sicher nicht nur mir so..
Der Rest ist Geschichte… irgendwann zogen die Wolken auf, aus dem einfachen Delphi, das für jedermann erschwinglich war, wurde ein 1500-Franken-Enterprise-Paket, aus Borland wurde Inprise mit Produkten, die mit meinem geliebten Delphi so ziemlich gar nichts mehr am Hut hatten.. Die Sache mit Inprise schien so nicht zu funktionieren, einige Jahre später wurde daraus wieder Borland und aus Borland eine Firma für ALM-Produkte. Neue Produkte wurden nicht mehr mit Featurelisten, sondern mit Whitepapers für strategische Entscheider beworben und dann, kurz bevor auch der letzte Hobbyentwickler das Boot Richtung Visual Studio, Java oder Webapplikationsskriptsprachen verlassen hat, wurde der Verkauf der Entwicklertools angekündigt…
Und da waren sie wieder: die “Turbo”-Produkte… Unter www.turboexplorer.com wollte mal das Feld für den Verkauf schon mal vorbereiten und begann sich plötzlich wieder für den “kleinen Entwickler” zu interessieren. Doch (new) Borland wäre nicht (new) Borland, hätte man sich nicht in der Zwischenzeit wieder umbesonnen: So wurde aus dem geplanten Verkauf eine Abspaltung und die Entwicklungstools werden von nun an von der eigenständigen 100% Borland-Tochter CodeGear weiterentwickelt.
Man wünschte sich ja, dass damit der Spirit der frühen Borland-Tage wieder Einzug hält, doch beschleicht mich beim Hallo-CodeGear-Winken eben doch zusehr das Gefühl, dass dies nun definitiv das Zugrabetragen alter Erinnerungen sein wird. Viel Glück wünsche ich dem CodeGear-Team aber natürlich trotzdem!